Sound Art: Zeit-Ton In memoriam Hans Falb

Mo, 29.12.  |  23:03-0:00  |  Ö1
Ein Leben für den Jazz

„Europe begins in Nickelsdorf“, soll Marshall Allen gesagt haben. Der Saxofonist des Sun Ra Arkestra meinte damit das Festival Konfrontationen, das Hans Falb nach der Übernahme des elterlichen Gasthauses im burgenländischen Nickelsdorf ins Leben gerufen hat. Seit damals ist es auch Jazzgalerie. Heuer fand dort die bereits 45. Festivalausgabe statt. Am vergangenen Freitag ist Hans Falb im Alter von 71 Jahren verstorben. In memoriam ändern wir heute unser Programm und beginnen erst morgen mit unserem traditionellen Jahresrückblick. Hans Falb war ein Freigeist. Als Besessener bezeichnete er sich selbst und diese Intensität, mit der er seine Liebe für den Jazz und für die freie und improvisierte Musik auslebte, übertrug sich unmittelbar auf seine Jazzgalerie und das Festival. Ein Ort der gemeinschaftlichen Auseinandersetzung sollte es sein, weshalb es auch ganz bewusst keinen Backstage-Bereich gab. Das Konzept ging auf. Legendär sind die Nickelsdorfer Konfrontationen nicht nur wegen der stets so spannenden wie hochkarätigen Festivalprogramme, sondern auch wegen der ausgesprochen angeregten und oftmals als familiär bezeichneten Stimmung, die alljährlich Besucherinnen und Besucher aus allen Himmelsrichtungen ins Burgenland strömen ließ. Der Saxofonist Mats Gustafsson, der Pianist Georg Graewe und der Schlagzeuger Paul Lovens verlegten sogar ihren Lebensmittelpunkt nach Nickelsdorf. Sharif Sehnaoui war nach seinem ersten Besuch Ende der 1990er Jahre so inspiriert, dass er prompt beschloss ein eigenes Festival zu gründen. Heuer feierte das Irtijal Festival in Beirut sein 25jähriges Jubiläum. Für Hans Falb war Musik ein Garant für sozialgesellschaftliche Offenheit. Sozialisiert mit afroamerikanischem Consciousness Jazz der 1970er Jahre, war dieser für Falb die quasi ursprüngliche künstlerische Bedingung und politische Haltung, Anthony Braxton, Cecil Taylor, Irène Schweizer, Hamid Drake, Joëlle Léandre, das Sun Ra Arkestra (um hier nun nur einige wenige Namen exemplarisch zu nennen), – zahlreiche Musiker:innen von Weltrang teilten sich die Bühne der Jazzgalerie mit aufstrebenden jungen Talenten. Für die österreichische Szene waren die Konfrontationen ein prägender Nährboden. Zahlreiche Musikerinnen und Musiker haben am vergangenen Wochenende im Internet ihrer Trauer Ausdruck verliehen. „Hans, Du warst so extrem wichtig für mich und so viele andere“, schreibt etwa Tony Buck. „Du hast nach Deinen eigenen Regeln gelebt und so viel gegeben. Du hast so Viele inspiriert."Hans Falb war aber nicht nur ein leidenschaftlicher Gastgeber, er war auch ein wandelndes Musik-Lexikon. Und gelegentlich stand er als Turntablist sogar selbst auf der Bühne. 2024 – anlässlich seines 70. Geburtstages – sind wir mit Hans Falb auf Zeitreise gegangen. "Ein Leben für den Jazz“ lautete der Titel der damaligen Sendung von Heinrich Deisl, die heute ausschnittsweise noch einmal zu hören sein soll. Die Musik dafür hat Hans Falb ausgesucht.

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