Radiokolleg Maria von Herbert und die Entdeckung der Freiheit (2)

Di, 05.08.  |  9:30-9:45  |  Ö1
Moralische Liebe

Im Zentrum der Ethik Immanuel Kants steht der Kategorische Imperativ. Er besagt, dass man nur nach derjenigen Maxime handeln soll, von der man wollen kann, dass sie allgemeines Gesetz werde. Kann diese abstrakte Moralphilosophie etwas zur Not Maria von Herberts sagen und ihr Trost spenden? Sie hatte dem Philosophen geschrieben, seine Ideen würden ihr nicht helfen und eindringlich von ihm verlangt, sich in ihre Lage zu versetzen. Kant stellt sich dieser Herausforderung und schreibt ihr eine ausführliche Antwort, die der Philosoph Walter Benjamin rund eineinhalb Jahrhunderte später den „erschütterndsten Philosophenbrief aller Zeiten“ nannte. Das Schreiben, das detailliert auf Maria von Herberts Anliegen eingeht, zeigt Kant ebenso als spröden Gelehrten wie als herzlichen Menschenfreund. Sein Schreiben entfaltet eine kleine Ethik zwischenmenschlicher Beziehungen, die tief in seine Gedankenwelt blicken lässt. Zwar bezichtigt er Maria von Herbert schonungslos schwerer Vergehen wie der Lüge und fordert von ihr nicht etwa die verlorene Liebe, sondern diese Pflichtverletzung zu bereuen. Zugleich macht er ihr aber auch Hoffnung: Wenn die Sache zwischen ihr und ihrem Herzensfreund nur moralisch bereinigt ist, werde sich die Liebe neu und fester entfachen – oder sich als bloß körperliche Neigung entpuppen, die ohnehin bald verschwunden wäre.Gestaltung: Barbara Volfing & Miguel de la Riva

in Outlook/iCal importieren