Die Ermittlung Spielfilm Deutschland 2024

Do, 28.08.  |  0:30-4:25  |  WDR
Untertitel/VT Stereo  Film, 2024
Im Zentrum des Films stehen ein Richter, ein Verteidiger und ein Ankläger, die im Rahmen der Verhandlung auf Zeuginnen und Zeugen treffen, die von ihren Erlebnissen und Beobachtungen in Auschwitz berichten. Die Angeklagten werden im Prozess mit Beschreibungen der Zeugen konfrontiert und sollen Stellung beziehen. Nach dem Theaterstück "Die Ermittlung" von Peter Weiss. Das Theaterstück wurde 1965 uraufgeführt und hat bis heute nichts von seinem Schrecken verloren: Es basiert auf persönlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963 bis 1965).

In "Die Ermittlung" setzt sich RP Kahl mit Peter Weiss’ dokumentarischem Theaterstück auseinander, das die Frankfurter Auschwitz-Prozesse der 60er Jahre thematisiert. Das Stück, ursprünglich als literarisch verdichtete Chronik der Gerichtsverhandlungen konzipiert, diente als Grundlage für Kahls minimalistische Filmadaption, die den Text in seiner strukturellen Strenge beibehält und durch filmische Mittel neu interpretiert.

Der Gerichtsfilm verzichtet auf eine narrative Rahmung oder zusätzliche dramatische Elemente und konzentriert sich stattdessen auf die Wiedergabe von Schlüsselpassagen aus Weiss’ Vorlage.

Die Inszenierung nutzt eine reduzierte Kulisse, die den Fokus auf die Sprache und das Spiel der Darsteller lenkt. Der Ablauf der elf Gesänge aus dem Theaterstück bleibt erhalten und bildet die Grundlage für die Darstellung der unterschiedlichen Perspektiven, die in den historischen Verhandlungen zum Ausdruck kamen - von den Überlebenden bis zu den Angeklagten und Zeugen. Die künstlerische Entscheidung, auf eine Bebilderung der Ereignisse zu verzichten, ist konsequent; die Aussagen der Figuren, das Wort, steht im Mittelpunkt.

Mit "Die Ermittlung" überträgt RP Kahl ein Stück deutscher Theatergeschichte in das Medium Film und verbindet dabei historische Genauigkeit mit Interpretation. Der Film stellt weniger die Handlung in den Mittelpunkt, sondern die Art und Weise, wie die NS-Verbrechen und die juristische Aufarbeitung in den Frankfurter Prozessen verhandelt wurden.

Ein markanter Unterschied zwischen dem Theaterstück und dem Film ist die Anzahl der Zeugen. Während es bei Weiss neun Zeugen sind, die verschiedene Charaktere verkörpern, sind es im Film 39 Zeugen. Dazu sagt RP Kahl im Interview mit „Filmdienst": "Peter Weiss wollte, dass es etwas Universelles hat, dass da nicht eins zu eins echte Zeugen erkennbar sind, sondern ihre Aussagen zu etwas Allgemeingültigem zusammengefasst sind. [...] Beim Film geht das nicht. Das würde den Abstand zum Publikum, den Verfremdungseffekt, zu groß machen." Kahls Adaption ist ein intensives Werk, das sich mit den Mechanismen des kollektiven Gedächtnisses auseinandersetzt und die Notwendigkeit der historischen Aufarbeitung aufzeigt.

Darsteller:
Rainer Bock (Richter)
Clemens Schick (Ankläger)
Bernhard Schütz (Verteidiger)
Christian Kaiser (Zeuge 1)
Dirk Ossig (Zeuge 2)
Arno Frisch (Zeuge 3)
Elisabeth Duda (Zeugin 4)
Nicolette Krebitz (Zeugin 5)
Attila Borlan (Zeuge 6)
Regie: RP Kahl
Drehbuch:
Peter Weiss
RP Kahl
Kamera: Guido Frenzel
Musikalische Leitung: Matti Gajek

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